Landesregierung will Grundsteuerreform anpassen.
Finanzministerin Katja Wolf hat dem Kabinett vorgestellt, wie Entlastungen für Grundstücksbesitzer aussehen können.
Finanzministerin Katja Wolf hat im Kabinett ihre Änderungspläne zur Berechnung der Grundsteuer präsentiert. Im Sinne einer Nachsteuerung der Grundsteuerreform wollen Freistaat und kommunale Familie künftig enger zusammenarbeiten. „Diese Reform strahlt den Geist der gemeinsamen Verantwortung aus“, findet Thüringens Finanzministerin Katja Wolf.
Die bisher eingegangenen Beschwerden, Klagen und Petitionen zur Grundsteuer haben gezeigt, dass die neu berechnete Grundsteuer für den Einzelnen zum Teil erheblich vom bisherigen Betrag abweicht. Auffällig war die Aufkommensverschiebung zwischen Wohn- und Nichtwohnbereich. Um diese Belastungsverschiebungen zu regulieren, will der Freistaat nun die Länderöffnungsklausel nutzen.
„Mittlerweile ist deutlich geworden, dass durch die Anwendung des Bundesmodells eine finanzielle Unwucht bei den Grundsteuern zu Lasten von Grundstücken, die für Wohnzwecke genutzt werden, entstanden ist. Ziel unserer Reform ist daher, dies besser auszutarieren oder die Kommunen in die Lage zu versetzen, dies zu tun“, so Finanzministerin Katja Wolf. Die von der Landesregierung geplanten Änderungen werden nicht in allen aber in sehr in vielen Fällen die Erhöhungen der Grundsteuer bei Wohngrundstücken reduzieren können.
Das Ziel soll mit einem Modell, einem Zweiklang erreicht werden. Mit einem neuen Landesgesetz sollen einerseits die thüringenspezifischen Steuermesszahlen für Wohnen und Nichtwohnen festgelegt werden. Den Kommunen soll andererseits die Möglichkeit eingeräumt werden, im Bereich der Grundsteuer B differenzierte Hebesätze für Wohnen und Nichtwohnen festzulegen. Dadurch wird jede Kommune in die Lage versetzt, auf ihre jeweilige spezifische Situation zu reagieren.
„Wichtig ist mir zum einen, dass wir diesen Vorschlag im Konsens mit dem Gemeinde- und Städtebund unterbreiten. Zum anderen beruht er auf dem Prinzip der Freiwilligkeit für die Kommunen. Wir öffnen diese Tür. Jede einzelne Kommune entscheidet aber selbst, ob die hindurchgehen will“, fasst Wolf zusammen.
Die geplanten Änderungen bedeuten allerdings für die Kommunen und die Steuerverwaltung noch einmal enorm viel Arbeit. Es gilt rund 865.000 neue Messbescheide zu erstellen und zu versenden. Der dadurch für den Freistaat entstehende Mehraufwand beträgt rund vier Millionen Euro. Die Kommunen werden, wenn sie die Möglichkeit differenzierter Hebesätze nutzen, auch neue Grundsteuerbescheide erlassen müssen.
Der jetzt auf dem Tisch liegende Vorschlag ist das Ergebnis zahlreicher Abstimmungen und Gespräche mit kommunalen Vertretern und dem Gemeinde- und Städtebund. „Das ist kein leichter Weg, den wir hier vorschlagen, aber aus meiner Sicht einer, der zu einem Plus an Gerechtigkeit führt. Darüber hinaus ist es das klare Signal an die gesamte kommunale Familie, dass wir deren Bedarfe, Anregungen und Hinweise ernst nehmen und nicht undifferenziert abtun, sondern vielmehr nach gemeinsamen Lösungen für Thüringen suchen“, sagt Katja Wolf.
Die differenzierten Hebesätze könnten, wenn der Landtag die „Reform der Reform“ mitträgt, von den Kommunen ab 2026 eingeführt werden. Die neuen Regelungen für die Steuermesszahl wären aus technischen Gründen allerdings erst frühestens ab 2027 möglich.
Wolf: „Mit der Evaluierung und der Neuregelung der Grundsteuerreform für den Freistaat erfüllen wir auch eine weitere Zusage, die wir im 100-Tage-Programm der Landesregierung zum Start der Koalition gegeben haben.“
Hintergrund:
Das Bundesverfassungsgericht hatte das damalige System der grundsteuerlichen Bewertung im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße.
Daher hat der Bundesgesetzgeber neue Regelungen mit Wirkung zum 1. Januar 2025 beschlossen, die als sogenanntes „Bundesmodell“ bezeichnet werden. Zugleich wurde den einzelnen Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt, eigene Modelle anzuwenden oder punktuell vom „Bundesmodell“ abzuweichen. Thüringen hatte sich wie andere Bundesländer zunächst für die Übernahme des „Bundesmodells“ entschieden.
An der Dreistufigkeit des Verfahrens, das am Ende zum Steuerbescheid der einzelnen Eigentümer führt, ändert die Reform nichts. Die Faustformel bleibt: Grundsteuerwert x Steuermesszahl x kommunalem Hebesatz = Grundsteuerhöhe.
Zunächst wurde durch die jeweils zuständigen Finanzämter der sogenannte Grundsteuerwert ermittelt. Dabei spielen etwa Lage, Größe und Nutzung eine Rolle. Dieser Wert wird dann mit der sogenannten Steuermesszahl, die das Land festlegt, multipliziert. Um eine zielgenauere Differenzierung für die Nutzungsarten „Wohnen und „Nichtwohnen“ hinzubekommen, braucht es ein Landesgesetz.
Die dritte Stufe ist Sache der Kommunen, die so die Möglichkeit erhalten, ihre auf die Verhältnisse vor Ort angepassten Hebesätze zu beschließen. Dabei kann auch dort die Unterscheidung zwischen einer Nutzung zu Wohnzwecken und anderen Nutzungsarten vorgenommen werden. Eine Pflicht zur Differenzierung besteht für die Kommunen aber nicht.