Schopenhauers Spazierstock: Eine Kultur- und Kriminalgeschichte

Goethe Gesellschaft Altenburg entdeckt mit Dr. Jasmin Behrouzi Rühl die Kunst, lange Strecken zu gehen
Wo ist er hin? Ein Krückstock aus Schopenhauers Besitz ist verschwunden. Der als Hellseher berühmte Jan Eric Hanussen hielt ihn im Dezember 1932 in Händen, ohne es zu wissen, ja ohne es zu merken, wo er doch ein Hellseher sein wollte! Der Stock begleitete den Schriftsteller und Philosophen Theodor Lessing über zwanzig Jahre und er befand sich vermutlich in seiner Wohnung, als Lessing im Sommer 1933 in seinem Arbeitszimmer in Marienbad erschossen wurde.
Obschon der Spazierstock zu einer Art Staatsgeschenk für den ersten Präsidenten der Tschechoslowakei wurde, verliert sich seine Spur schließlich in Böhmen an der Moldau, im Schloss Nelahozeves (dt. Mühlhausen), das nun wieder der Fürstenfamilie Lobkowitz gehört. Dazwischen liegt ein abenteuerlicher Weg mit eigenartigen Menschen, liegen Weltreisen, Gewalt und Blutvergießen, eigentümliche Leidenschaften, Liebschaften und Verrücktheiten, die bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts reichen.
Diese Geschichte sollte aufgearbeitet werden, findet die Germanistin und Kulturvermittlerin Dr. Jasmin Behrouzi-Rühl. Einen Ausschnitt daraus bietet ihr Vortrag, zu dem die Goethe Gesellschaft Altenburg e. V. am 10. Februar 2025 um 18 Uhr einlädt. Er bettet diese kuriose, teils an einen Krimi erinnernde, schopenhauersche Stockgeschichte in eine kurzweilige Kulturgeschichte des Spazierstocks ein. Wir haben heute keine Vorstellung mehr davon, dass früher in so gut wie allen Bereichen des Lebens Stöcke verschiedenster Art zur Auszeichnung und Kennzeichnung dienten. Sie waren Zeichen der Macht in ihren verschiedensten Abstufungen. Und über 150 Jahre hinweg waren Spazierstöcke für Mann und Frau unerlässliche Begleiter. Auch für Arthur Schopenhauer, der über fast drei Jahrzehnte hinweg mit Stock und Pudel durch Frankfurt am Main spazierte und dabei gewiss ein über’s andere Mal an Goethes Elternhaus vorbeikam.
Dr. Jasmin Behrouzi-Rühl arbeitet im Freien Deutschen Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum in Frankfurt am Main als Direktionsassistentin. Sie ist unter anderem für das Veranstaltungsprogramm zuständig. Zuvor war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Flurnamenarchiv der Justus-Liebig-Universität Gießen. Sie studierte in Frankfurt am Main Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte und veröffentlicht Lexikonartikel, Rezensionen, Katalogbeiträge und Artikel zu Themen der Literatur und Kunst, zu Tanz und Orient. Aus ihren in einem Zeitraum von über zehn Jahren monatlich gehaltenen literarischen Vorträgen entstand der Literaturpodcast „Lesekuren – Literatur, die gut tut“.
Veranstaltungsort für den Vortrag über „Schopenhauers Spazierstock“ ist das Interim des Lindenau-Museums „Kunstgasse 1“. Der Eintritt ist frei, es wird um freiwillige Spenden für das Kulturprogramm des Vereins gebeten. Weitere Informationen zum Veranstalter und das Jahresprogramm der Goethe Gesellschaft Altenburg sind im Internet zu finden unter: www.goethe-altenburg.de.